Mein zweiter Besuch innnerhalb weniger Wochen im Gärtnerplatztheater brachte mich mitten in Gefährliche Liebschaften. Das Musical von Wolfgang Adenberg und Marc Schubring stand diese Spielzeit wegen großem Erfolg zum wiederholten Male auf dem Spielplan. Zu recht.
Das Gärtnerplatz geht scheinbar bei der Auswahl der Stücke thematisch voll in die Breite: Zum einen boten/ bieten sie den schon besprochenen Klassiker My Fair Lady (siehe meine Besprechung des Stückes): Eliza Dolittle bescherte mir damit einen rundum vergnüglichen und unschuldig-unverfänglich Abend.
Die Gefährlichen Liebschaften sind dazu in krassem Gegensatz zu sehen. Auch da wurde ich glänzend unterhalten. Aber auf komplett andere Weise.
Abend war tatsächlich gefährlich.
Hinterhältig.
Intrigant.
Obsessiv.
Lustvoll.
Böse.
Erschütternd.
Gefährliche Liebschaften wurde kurz vor der französischen Revolution als Briefroman konzipiert. Verfilmt wurde es unter anderem 1989 mit Glenn Close und John Malkovich. Bekannt ist aber auch die moderne Version, die unter dem Namen Eiskalte Engel 1999 mit Ryan Philippe und Sarah Michelle Gellar in die Kinos kam.
Es geht dabei um das exzessive Verhalten des – in der ursprünglichen Version – übersättigten Pariser Adels, deren Mitglieder aus Langeweile ihre Zeit mit Sex und Intrigen verbringen. Es war ein Sittengemälde der damaligen Zeit und damit ein echter Aufreger. Hauptsächlich ging es den Parisern darum, die eventuell vorhandenen realen Vorbilder der Geschichte zu enttarnen.
Heute ist der Aufregen möglicherweise ebenfalls vorhanden, aber eher inhaltlicher Art: Das Stück ist sehr explizit gehalten. Das ist schon ganz schön harter Tobak, es geht zur Sache und dem Zuschauer begegnet nicht nur ein nackter Hintern. Wenn man aber ein ganzes Stück auf Sex und dessen zerstörerischer Möglichkeiten basieren lässt, wäre es natürlich Unsinn, nichts davon zu zeigen. Darum geht die Freizügigkeit vollkommen in Ordnung. Die intimen Szenen sind durchaus stilvoll gehalten und vollkommen nackt bewegt sich keiner der Darsteller.
Die beiden Hauptpersonen des Stückes: Vicomte Valmont und Marquise de Merteuil
Die Inhaltsangabe des Stückes ist komplex. Eine Vielzahl von Personen wird in das Intrigenspiel mit einbezogen oder davon berührt.
Wenn man aber die beiden Hauptpersonen, ihre Beziehung und ihre Motivation kennt, ist es leichter, der Handlung zu folgen.
Vicomte Valmont, seines Zeichens gut aussehender vornehmer Herrr, hat den ganzen Tag nichts zu tun, außer sich Frauen für Liebschaften aufzureißen. Unterhält er diese Affären dann über einen Zeitraum von wenigen Tagen bis Wochen, langweilen sie ihn schon wieder derart, dass er die jeweiligen Damen eiskalt sitzen lässt.
An seiner Seite treibt die edle Marquise de Merteuil ihr Unwesen. Die mondäne Frau unterhält ihr eintöniges Leben mit der Befriedigung ihrer körperlichen Bedürfnisse und intriganten Spielchen. Dazu nutzt sie ihre gesellschaftliche Stellung und ihr Ansehen geschickt. Aalglatt bewegt sie sich auf den Parketten der Hauptstadt. Durch und durch böse legt sie unliebsamen Menschen Stricke aus und erfreut sich daran, andere fallen zu sehen.
Die Beziehung Valmont/ Merteuil
Beide führen keine Beziehung im eigentlichen Sinne, sind aber Gefährten im Geiste. Dabei ist ihr Verhältnis zueinander durchaus ambivalent:
Die Marquise verzehrt sich nach dem Vicomte, sie liebt ihn. Das gibt sie jedoch nie zu. Ganz im Gegenteil: Macht der Vicomte eine Schritt auf sie zu, hält sie ihn arrogant auf Distanz. Sie möchte weiterhin die Unnahbare sein. Sie kennt den Vicomte gut und weiß, dass er sie nicht liebt. Sie wäre ebenfalls nur ein Zeitvertreib für ihn. Ein Eingehen auf den Vicomte würde von ihm allemal als Schwäche ausgelegt.Also belässt sie es bei frivolen Anspielungen, welch ein Gewinn eine sexuelle Beziehung mit ihr für den Vicomte sei. Dabei wünscht sie sich nichts sehnlicher als seine Aufmerksamkeit und seine Nähe.
Für Valmont wäre die Marquis zwar eine Eroberung, aber sie ist die einzige, die es mit ihm aufnehmen kann. Eine ehrliche Beziehung auf Augenhöhe, bei der jeder dem anderen in die Karten schauen kann, ist für den Vicomte aber im Prinzip langweilig und wenig fordernd. So gibt sich der Vicomte das ganze Stück über: seine Affären sind prickelnd, aber bald ausgereizt. Sie befriedigen kurz und langweilen schnell. Körperliche Nähe trifft auf zwischenmenschliche Einsamkeit.
Gräfliche Gier
Unwillkürlich drängt sich mir der Vergleich des Vicomte mit Graf Krolock vom Tanz der Vampire auf: beide adelig, vornehm und über den Dingen stehend, geht es ihnen um den Thrill des Eroberns. Um die Gier nach Erlangen und Besitzen. Das treibt sie um, treibt sie an, macht ruhelos. Sobald die Eroberung geschehen ist, ist der Höhepunkt auch schon überschritten. Sie kosten beide noch ein wenig die restlichen Reize aus. Doch wie das vampirische Opfer ausgesaugt immer mehr Blut verliert, verliert Valmont ausgelaugt kontinuierlich die Lust an seiner Beute. Und das Spiel startet erneut.
Im Tanz der Vampire ist alles Streben auf das Blut hin gerichtet. Der Austausch der Körperflüssigkeiten wird dort anders verpackt, indem eine märchenhafte Metapher die Körperlichkeit auf eine mystischere Ebene hebt. Dabei ist beide Streben der Eroberung die Vereinigung mit dem „Opfer“. Valmonts Streben nach dieser Befriedigung ist ebenso rein und pur wie die des Vampirgrafen, hier aber natürlich ohne sagenhaftes Mäntelchen. Wo auf der einen Seite Zähne, ist auf der andern Seite ein Penis, geht es dem Vampir bei der Befriedigung um den Biss, geht es Valmont um Sex.
Diese Ausgangssituation der beiden Akteueren ist klug angelegt. Es ist ein immerwährendes Hin und Her. Beide sind abhängig voneinander, von der Aufmerksamkeit, vom Interesse, von der Verehrung des jeweils anderen. Aber es geht hier nie um kriegen sie sich oder nicht. Es geht nur darum, anhand dieser Beziehung den Charakter der beiden Hauptpersonen differenziert zu zeichnen. Das gelingt großartig. Daher ist dieses Verhältnis durchaus wichtig, aber bleibt als solches unspektakulär und lässt so den Intrigen den Raum, den sie brauchen.
Das muss so sein, gibt es doch so viele Nebenkriegsschauplätze, die der größeren Aufmerksamkeit bedürfen.
Die Handlung
Zwei Intrigen-Opfer
Zwei Opfer haben sich beide auserkoren. Merteuil will die junge Cecile verführt sehen, um deren Verlobten lächerlich zu machen, an dem sie sich für frühere Schmach rächen will. Der Vicomte soll das übernehmen. Zunächst ziert sich Valmont, denn er will der zugeknöpften Premiersgattin Madame Tourvel ans Korsett. Ihre sittsame Art hat sein Jagdfieber geweckt. Belustigt schließt die Merteuil eine Wette mit Valmont ab: Sollte er bei Madame Tourvel erfolgreich sein, bietet die Marquise als Belohnung eine Liebesnacht mit ihr.
Doch Madame Tourvel wurde vom Ruf des Vicomte als gnadenloser Verführer gewarnt und der muss im Folgenden ungeheurere Ausdauer, Bestechungen von Personal, wohldosierte Rührseligkeit und immer wieder dem Versprechen, sie für sie zu ändern aufbieten. Dank jahrelanger Erfahrung in diesem intriganten Verführungsspiel gelangt er schließlich an sein Ziel: die Präsidentengattin verfällt ihm mit Haut und Haar. Dumm nur, dass sich beim Vicomte in der langen Zeit des unehrlichen Buhlens ehrliche Gefühle breit gemacht haben. Und das, obwohl er zwischenzeitlich dann tatsächlich auch noch die junge und neugierige Cecil, die zwar heiraten soll, aber in ihren Harfenlehrer verliebt ist, verführt und eine lustvolle Affäre mit ihr unterhält. Er will sich dadurch an ihrer Mutter rächen. Diese war es, die die sittsame Madame Tourvel vor ihm gewarnt hat, weshalb er überhaupt erst so viel Zeit und Mühe aufwenden musste, sie rumzukriegen.
Belohnung
Als Valmont seine Belohnung für die Verführung fordert, weist ihn die Marquise brüsk zurück. Sie ist erschüttert ob der Tasache, dass sich Valmont tatsächlich in die Madame Tourvel verliebt hat. Das eine andere Frau außer sie die Liebe des Vicomte erringt, diese Kränkung kann sie nicht verwinden. Den in ihr wütenden Schmerz möchte sie nicht für sich behalten. Sie möchte ihn abgeben an den, der ihn verursacht hat: Gezielt und hinterhältig verlacht sie Valmont für die Schwäche, dass er sich tatsächlich verliebt hat und damit seinen Ruf aufs Spiel setzt.
Diese Schmähung wiederum veranlasst Valmont, die Beziehung zu Madame Tourvel zu beenden. Diese nimmt sich daraufhin dass Leben.
Echte Liebe
Valmont beginnt, aus der Fassung zu geraten. Einmal hat er sich verliebt, einmal hat er sich dieser Liebe gestellt und nun hat er sie durch eigenes Verschulden verloren. Vielmehr noch: Er verantwortet den Tod der Geliebten. Grausam veranschaulicht die Marquise dem Vicomte ihren Triumph über ihn: Sie hat es geschafft, ihn so weit zu bringen, dass er seine wahre Liebe aufgibt. Hier erkennt Valmont, dass die Marquise auch ihn in ihre Intrigen miteinbezogen hat.
Der Harfenlehrer der jungen Cecile hat mittlerweile -ebenfalls durch die Merteuil herausgefunden, dass Valmont eine Affäre mit seiner geliebten Cecile unterhält und fordert ihn zum Duell. Dort lässt sich Valmont, seines Rufes und seiner Liebe beraubt, vom Nebenbuhler erstechen. Mit seine letzten Worten berichtet er dem Kontrahenten von den Briefen der Marquise de Merteuil und bittet ihn, diese zu veröffentlichen. Ganz Paris erfährt so von den Machenschaften der angesehenen Dame. Geächtet bleibt sie zurück.
Wirkung der Geschichte
Wie schon einleitend gesagt, ist das Stück fesselnd, dabei aber gleichzeitig verstörend.
Es ist in jeder Hinsicht üppig zu nennen. Denn es gibt einiges an „Zu viel“. Zu viel Skrupellosigkeit, zu viel Heuchelei, zu viel vordergründigen Anstand.
Das Stück entfaltet sich geschickt nach und nach, mir blieb trotz der dichten Geschichte immer genug Zeit, mich und meine Emotionen zu sortieren. Wobei das im ersten Akt deutlich leichter fällt, denn er ist noch einigermaßen ausgeglichen gehalten. Es begegnen dem Zuschauer neben den Intrigen auch das Erblühen ehrlicher Liebe zwischen Cecile und dem Harfenlehrer. Die Intrige, die die Merteuil dadurch strickt, dass sie beiden hilft, sich zu schreiben, ist ebenfalls amoralisch, hat aber in diesem Sinne dennoch versöhnende Ausblicke. Der Hemmungslosigkeit wird die prüde Madame de Tourvel gegenübergestellt.
Das alles ergibt auf dem emotionalen Konto des Zuschauers eine befriedigende Ausgeglichenheit.
Im 2. Akt allerdings werden den Zuschauern neben abgrundtief bösen Machenschaften nur noch vereinzelt moralische Lichtblicke gewährt. Alles steuert unweigerlich auf das große Drama zu, alles ist auf Zerstörung ausgelegt. Wenn man zusieht, wie das Unheil auf allen Ebene seinen Lauf nimmt, ist das mitunter schwer zu ertragen.
Und trotzdem fesselte diese vielschichtig gewobene Geschichte in jeder Sekunde. Man kann das alles kaum glauben, man traut seinen Augen nicht. Es ist eine magische Faszination, die diese kompromisslose Amoral ausübt.
Die Musik
Die Musik war der Hit. Sie kann alles, diese Musik: prunkvoll einladen, harmonisch einlullen. Naiv becircen, dramatisch wenden. Gefährlich lauern und aggressiv herausfordern. Die Musik verschmolz für mich aufs Fantastischste mit der Geschichte. Sie erzählte. Sofort sind mir einige Lieder wegen ihres starken Eindrucks, den sie auf mich gemacht haben, aufgefallen: Madame Merteuils Liebe macht uns schwach. Das Duett von Danceny und Cecile Zu viele Gefühle. Und: So stark wie der Tod ist die Liebe.
Allerdings hätte ich keine der Melodien auf dem Nachhauseweg nachsingen können. Diese Art Ohrwurm konnte ich für mich nicht entdecken, aber ich werde mir auf alle Fälle die Audio-CD von Gefährliche Liebschaften besorgen, auf der übrigens genau diese Cast, nämlich die Premieren-Cast – zu hören ist. Ich glaube, dass diese Geschichte auch zum Nur-Hören funktioniert. Weil eben die Melodien die Szenen so stützen. Und mit Sicherheit kristallisiert sich dabei – beim Zweit- oder Dritthören – der ein oder andere Ohrwurm heraus.
Insgesamt präsentiert sich dieses Musical wuchtig und dramatisch. Es glänzt, es hält Spannung in der Luft und nimmt einem bisweilen den Atem. 2015 wurde es bei der Verleihung des Deutschen Musical Theater Preises als Bestes Musical ausgezeichnet. Zudem wurde die Musik honoriert, denn auch der Preis für Beste Komposition wurde – neben Beste musikalische Gestaltung und Bestes Kostüm – dieser außergewöhnlichen Produktion verliehen.
Darsteller
Armin Kahl als Vicomte Valmont
Armin Kahl gehört zu den Mercedes der Musicalbranche. Wenn er auf der Cast-Liste auftaucht, weiß man, das ist erprobte Qualität, da wird nichts schiefgehen. Ist es auch diesmal nicht. Es war wie immer ein Genuss, ihn zu sehen (lange Haare stehen ihm ausgezeichnet) und zu hören.
Sein Vicomte ist selbstsicher und über den Dingen stehend, er sonnt sich in seinem Ruf. Er kann sich steht’s auf seine Erfahrung verlassen, leicht und geschmeidig vollführt er seine Verführungskunstückchen. Glatt ist er, auf dem gesellschaftlichen Parkett unfehlbar. Er kann galant und charmant, spitzbübisch und verständnisvoll. Andererseits kann er abwertend, kalt und spöttisch.
Armin Kahl hat es drauf, all diese Facetten sichtbar zu machen und damit ein vollständiges Charakterbild des Vicomte Valmont zu geben.
Ganz ausgezeichnet lässt er die Zuschauer lange im Unklaren darüber , wie er zu Madame Tourvel steht. Sehr sehr langsam gewährt er sich selbst und damit dem Zuschauer Einblick in diese ehrlichen Gefühle, die ihm selbst nicht geheuer sind.
Die Lust an der Ausschweifung ist zu Beginn grenzenlos und deutlich zu erkennen. Klar erkannte ich aber auch, dass die körperliche Befriedigung nicht einhergeht mit der emotionalen. Das Wissen, tatsächlich jede Frau rumzukriegen, macht ihn zwar stolz, jedoch auch behäbig und illusionslos.
Das Sehr differenziertes Spiel von Armin Kahl geht Hand in Hand mit der gesanglichen Leistung: Jederzeit vom Text her verständlich, bringt er alles, was er im Schauspiel nuanciert darstellt, auch mit seiner Stimme rüber. Hut ab!
Anna Montanaro als Madame de Merteuil
Das Wort „teuflisch“ fällt mit ein, wenn ich an Anna Montanaros Darstellung der Madame de Merteuil denke. So absolut begehrenswert schön und vornehm, reich und gesellschaftlich höchst geachtet präsentiert sie sich vordergründig. Doch genauso hinterhältig, bösartig, hochmütig und arrogant treibt sie ihre intriganten Pläne voran: Die Rolle ist angefüllt mit Eigenschaften, die es gilt, alle zusammen unter einen Hit zu bekommen, um ein vollständiges Charakterbild zu zeichnen. Und das tut Anna Montanaro ausgezeichnet. Die Merteuil treibt die pure Lust am Bösen, das war eindeutig zu erkennen, ebenso wie die Verachtung, die sie ihren Mitmenschen gegenüber empfindet und zusätzlich war da nich die illusionslose Langeweile. Sehr gut gemacht, Anna Montanaro, schauspielerisch, wie gesanglich: Sie hat eine sehr starke Stimme, die auf den Charakter perfekt passte. Glanzvoll schwang sie sich dabei auch sauber in die Höhen!
Julia Klotz als Madame de Tourvel
Ich mochte Madame de Tourvel sehr. Sie möchte so sehr alles richtig machen, vor den anderen und vor sich selbst. Sittsam und zugeknöpft bleibt sie dadurch trotzdem immer sympathisch. Man versteht sie in ihrer selbst auferlegten Reserviertheit. Eine sehr authentische Person begegnet uns in Madame de Tourvel. Von Anfang an hat man das Gefühl, dass Julia Klotz‘ Madame de Tourvel vordergründig fest auf beiden Beinen auf dem Boden der Prinzipien steht, eigentlich aber eine sehr zerbrechliche Person ist. Und „zerbrechen“ ist auch das Schicksal, dass ihr widerfährt. Mir hat gefallen, wie klar sie darstellen konnte, dass sie nicht die pure Lust überwältigt, wenn sie Valmont nachgibt. Sie lässt wirkliche Befriedigung erkennen, auch emotionaler Art. Eine sehr sehr runde Darstellung, für die sie zurecht mit dem Deutschen Musical Theater Preis 2015 erhielt.
Anja Haeseli als Cecile de Volanges
Cecile ist ein Charakter, der einen dauernden Wandel auf der Bühne erfährt. Sie kommt aus dem Kloster und soll verheiratet werden. Das Mädchen ist brav, eher bieder, aber neugierig und durchaus lebensfroh. Völlig unbedarft tritt sie zu Anfang auf, ohne Ahnung vom Spiel der Geschlechter und den jeweiligen Rollen, die die Gesellschaft für sie vorsieht.
Scheu entdeckt sie die Gefühle zu ihrem Harfenlehrer de Danceny, wird aber schnell mutiger. Und wer einen Madame de Merteuil als Freundin hat, der kommt schnell mit Lust und Verrät in Berührung. Ab dem Zeitpunkt, an dem sie sich voll auf die Affäre mit Valmont einlässt, gibt sie der Verderbtheit Platz. Aus einem unschuldigen Kind ist eine Frau mit Lust geworden. Lust an der Affäre, Lust am Spiel, Lust an der Intrige. Im letzten Satz des Stückes offenbart sie, dass sie wohl den Platz der Merteuil einnehmen wird.
Anja Haeseli agierte bei diesem großen Unterfangen sehr sicher. Zu jeder Zeit war die Stufe der Entwicklung klar zu sehen. Sowohl das naive Mädchen am Anfang als auch das lustvolle am Ende nahm man ihr ohne zu Zögern ab. Mich rührte besonders das Duett der beiden Liebenden.
Florian Peters als de Danceny
Zu viel Gefühl verspürt de Danceny beim Anblick von Cecile. Genau die richtige Dosierung an Gefühlen vermag Florian Peters zum Publikum zu transportieren: Auch er eher scheu am Anfang, verliert er diese Zurückhaltung spätestens im Bett der Madame de Merteuil. Als diese ihm von der Affäre zwischen Valmont und Cecile berichtet, sieht er seine Ehre so verletzt, dass er Valmont zum Duell herausfordert. Dieser lässt sich von de Danceny erstechen.
Florian Peters passt super in seien Rolle, singt und spielt ohne Fehl und Tadel und trägt mit seiner authentischen Art zur großartigen Gesamtleistung der Produktion bei.
Gisela Ehrensperger als Madame de Rosamonde
Zitat ihrer Figur Madame de Rosamonde: es ist ein Privileg des Alters, dass man sich jederzeit und ohne Grund verabschieden kann.
Ein Glück, dass Gisela Ehrensperger dieses Privileg des Alters für sich und ihre Auftritte im Gärtnerplatztheater nicht in Anspruch nimmt. Die große Dame der Operette zeigt sich auch mit ihren 75 Jahren präsent und mit einnehmender Schlitzohrigkeit.
Als Madame de Rosamonde steht sie ob ihres Alters und ihrer Erfahrung über den Dingen. Sie kennt die Regeln und Spiele der Gesellschaft, mischt sich nicht mehr ein, kommentiert aber punktgenau und wissend. Da sie altersbedingt von dem Ränkespiel um Sex und der Macht, die dadurch verliehen wird, ausgenommen ist, ist sie für den geforderten Zuschauer auf Anhieb einer der wenigen Sympathen. Das ist natürlich Teil der Rolle, allerdings gibt die Ehrensperger die ältliche Tante durchweg charmant pfiffig, dass es eine große Freude ist, ihr zuzusehen.
Carin Filipcic als Madame de Volanges
Bei dieser Frau komme ich immer ins Schwärmen, egal, wo ich sie sehe. Und das aus zwei Gründen: Zum einen bringt sie eine Wahnsinns-Präsenz auf die Bühne, die schnell dazu führt, de anderen Darsteller zu vernachlässigen. Ihre Haltung verrät stilvolle Eleganz und prädestiniert sie für die Rolle von Madame de Volanges, der Mutter der Cecile. Ich habe das Gefühl, sie würde mit dem Fächer in der Hand geboren. Die Frau ist durch und durch edel zu nennen.
Und ihr Gesang ist für mich das absolut beste, was es auf deutschen Bühnen zu sehen gibt. Bei Filipcic perlt jede Zeile, sie singt so unangestrengt und auch in der Höhe bleibt sie sonnenklar wie ein Kristall.
Klar und rein, schillernd und edel, unverwechselbar und vielschichtig.
Sie hat im Musical relativ am Anfang ein Lied, in dem sehr viel Text auf wenig Melodie gesungen werden muss. Es gleicht eher schnellem Sprechgesang. Und was soll ich sagen? Astrein ohne jede Schwierigkeit, jede Silbe ein Fest.
Fazit
Gefährliche Liebschaften unterhält glänzend, wenn auch auf faszinierend verstörende Weise. Ich habe mich keine einzige Sekunde gelangweilt, so angezogen wurde ich von diesem sicher für viele nicht ganz einfachen Stück. Zu viel grundlos Böses treibt auf der Bühne sein Unwesen. Möglicherweise sind auch die gezeigten Sexszenen nicht jedermanns Sache. Sie stützen jedoch die Dramaturgie, sind stilvoll gehalten und deshalb für mich absolut in Ordnung. Und ganz ehrlich: Spannend fand ich das auch durchaus. Ich habe im Rückblick schon den einen oder anderen Gedanken daran verschwendet, wie Darsteller damit umgehen.
Den Sog übte auf mich zunächst aber eindeutig die Geschichte aus. Die Musik ist wunderbar und angenehm ins Ohr gehend. Sie fängt die Stimmungen auf der Bühne fantastisch ein, was auch dazu beiträgt, dass man den ganzen Wirkungen ohne Probleme folgen kann. Ein Nachsinge-Ohrwurm ist mir auf Anhieb keiner geblieben. Vielleicht liegt das aber auch daran, dass ich wirklich zu sehr mit der Geschichte beschäftigt war. Ich werde mir auf alle Fälle die CD besorgen. Auch an euch richte ich hier eine explizite Kaufempfehlung!
Ein höchst amoralisches Stück mit einer moralischer Schlussnote: Ich war begeistert!
Alle Fotos: Dr. Joachim Schlosser Fotografie
Cherrie Ganzon
Reading this makes me want to watch this musical so bad. I am a fan of Armin and yes he is pure perfection. Thanks for the summary . And for the photos u posted .