Die diesjährige Inszenierung von JCS war eine Wiederaufnahme. Letztes Jahr fand das ganze in der Reithalle statt, dieses Jahr konnte man zurück in das frisch renovierte Gärtnerplatztheater.
Da ich die Inszenierung letztes Jahr zwar gesehen, aber nicht besprochen habe, hole ich das an dieser Stelle nach.
Die Umsiedelung ins Theater hat dem Stück in vielerlei Hinsicht gut getan. Die Bühne in der Reithalle war so gebaut, dass Zuschauer auch links und rechts neben der Bühne sitzen konnten, was sich als wirklich pfiffig und ungewöhnlich erwiesen hat. Dies fällt im Gärtnerplatztheater weg. Dafür – und das ist für mich das Entscheidendere – hat man hier wenigstens den Ton im Griff. 2017 hatte ich mich wirklich gefreut, David Jakobs als Judas zu sehen und zu hören. Dann ließ ihn aber die Technik fies im Stich.
Um es vorab zusammenzufassen: Die Tontechnik war super und die Sänger -bis auf einen- exzellent. Schauspielerisch gab es sowohl einige Höhen, als auch einige Tiefen. Die Inszenierung selbst sowie das Staging allerdings bereiteten mir an vielen Stellen Kopfzerbrechen. Die Musik war mutig arrangiert und an einigen Stellen ergänzt oder verändert – für mich allerdings an einigen Stellen zu viel. Das Orchester war toll, nicht immer war die Abmischung perfekt, aber wirklich hinreichend. Ein sehr unterhaltsamer Abend, der auch Anlass zur Diskussion bot (die hab ich mit Dem Mann auch tatsächlich lange und tierschürfend geführt!).
Vorhang auf: Die Sinnfrage
Wie schon in der Reithalle stellte Regisseur Josef E. Köpplinger zu Beginn drei Eingangsfragen, die groß auf Leinwand und Bühnenboden projiziert waren:
- Woher kommen wir?
- Wonach suchen wir?
- Wohin gehen wir?
Wenn der Regisseur so beginnt, hab ich die Idee, dass er zum Nachdenken anregen will und die Inszenierung dementsprechend unter eben dieses Motto stellt. Zu Beginn war das auch noch ersichtlich:
Zur Ouvertüre stehen nur Judas und Jesus auf der Bühne, dann gesellen sich zahlreiche Ensemblemitglieder dazu. Alle in schwarzen Mänteln, optisch als quasi Masse ohne Individualität, auch Jesus und Judas als zwei von vielen. Alle stehen zunächst einfach da, dann setzen sie sich in Bewegung. Da passt das Motto schon: Woher kommen sie, die schwarzen Stereotypen, äußerlich nicht unterscheidbar. Damit verbunden: Kommen alle vom gleichen Ort, wenn sie doch alle gleich aussehen? Starten alle von derselben Stelle? Sie laufen zur Musik durcheinander über die Bühne, die Gesichter immer streng in die Richtung gewandt, in die sie gehen. Dabei wechseln sie fast militärisch, aber eher hektisch die Richtung. Suchen sie was? Wenn ja, was? Aber niemand kommt irgendwo an, niemand bleibt stehen. Wohin gehen sie? Bestimmt das Schicksal diesen Weg und wo er endet oder bleibt dem einzelnen oder gar der Masse eine Entscheidungsfähigkeit?
Was aber machen die Fragen mit einem selbst? Da ist die letzte Frage auch bewusst die letzte, weil die wichtigste: Wohin gehen wir? Welches wäre dein Platz in dieser Geschichte und wohin wärst du gegangen? Und wie verhält es sich mit deiner Realität? Wohin gehst du in deinem eigenen Leben? Folgst du einem Ideal und mit welcher Intensität folgst du ihm? Akzeptierst du dein Schicksal oder forderst du es gar heraus? Schwere Kost und durchaus berechtigt.
Allerdings fühlt man sich während der Inszenierung wenig unterstützt bei der Beantwortung dieser Fragen. Es wird wenig Bezug genommen darauf, oder besser: Nicht immer ist dieser Bezug für jeden ersichtlich. Mir ist es beispielsweise aufgefallen, als gegen Ende, ab Trial before Pilate bis Jesus Christ Superstar alle Ensemblemitglieder auf der Bühne stehen und mitsingen, sogar Herodes, die Priester, alle Jünger.
Da habe ich mich erinnert an „Woher kommen wir und wohin gehen wir“ Ich hatte die Assoziation „wir sitzen möglicherweise alle im selben Boot und werden vielleicht alle am gleichen Ziel ankommen, egal, welchen Weg wir nehmen und auf welcher Seite wir stehen.“ Sonst fehlte mir der Bezug auf diese Zeilen, denn erst am Ende, wenn sie wieder auf den Bühnenboden projiziert werden und Jesus wieder seinen schwarzen Mantel anzieht, fühlt man sich wieder daran erinnert.
Woher kam Jesus, woher kam Judas, woher kam Maria? Und damit verknüpft die Frage: Was brachten sie von da alles mit? Was suchten sie und wie haben sie diese Suche gestaltet mit eben allem dem, was sie schon an Identität dabei hatten. Oder hängt es gar nicht mit der eigenen Identität zusammen, da ja alle gleich schwarz gekeidet waren am Anfang und am Ende? Und schließlich das „Wohin gehen sie?“ das sich bei mir mit der Frage verknüpft, welches Ziel sie erreicht haben. Das sind alles Fragen, die nur individuell beantwortet werden können und auch sollten, um dann vielleicht aufs eigenen Leben übertragen werden zu können. Aber egal, ob man sich diesen herausfordernden Fragen stellt oder nicht, war der Abend ein gelungener, wobei auch einige deutliche Abstriche zu machen waren.
Umsetzung
Orchester (Jeff Frohner zeigt sich für die musikalische Leitung verantwortlich und dirigierte selber) und Ensemble begannen kraftvoll, ich hab ich richtig gefreut, dabei zu sein.
Sehr mutig waren die Veränderungen, die Frohner gegenüber dem Original hin und wieder eingefügt hat. Manchmal sehr pfiffig und toll integriert (bei Simon Zelotes), manchmal ein bisschen „too much“. So lange man sich nicht zu sehr austobt, kann ich damit sehr gut leben. Frische Orchestrierung und ein Chor, der es an manchen Stellen durch ein Fortissimo so richtig krachen ließ, machten Spaß. Nur einmal hielt ich diese Veränderungen nicht ganz so gelungen (Herodes, siehe unten). Und warum die Stelle mit put away your swords fehlte, weiß nur der Regisseur. Insofern kann man Jeff Frohner nur gratulieren zu seiner Arbeit an dieser Inszenierung.
Auch John Vooijs (Judas) startete stimmlich überzeugend mit Heaven on their minds. Schauspielerisch hab ich mich mit ihm schwer getan. Da war mir eindeutig zu wenig ernsthaftes Gefühl. Ich konnte ihn nicht greifen. War er verzweifelt, sauer, nachdenklich, wütend? War Jesus für ihn tatsächlich der beste Freund? Oder doch nur Kumpel, so wie es hier aussah? Nirgends konnte ich eine wirkliche Motivation erkennen. Aber auch das Staging (=wer macht wann was) hat ihn total im Stich gelassen. Mehrere für mich seltsam anmutende Ideen waren da am Start. So singt Judas die Liedzeile „Nazareth your famous son should have stayed a great unkown“ zu Jesus gewandt. Tut mir leid, versteh ich nicht. In meiner Idee singt Jesus das an die Menge gewandt. Andersrum appelliert er an das Volk mit „Listen Jesus to the warning I give, please remember that I want us to live“, wo hier doch Jesus der Adressat ist. Das hat mich verwirrt. Vielleicht ist das Jammern auf hohem Niveau: Leuten, die nicht textsicher sind, fällt das nicht auf. Aber das Gärtnerplatztheater als Staatstheater muss sich auch am Anspruch von textsicheren Leuten messen lassen. Noch zwei kleine Beispiele: Kaiphas bietet Judas Geld “cash on the nail” und überreicht ihm einen Scheck…? Und auch ein seltsamer Schnitzer: Simon singt davon, dass Jesus seinen Beliebtheit militärisch nutzen soll. Das trifft Jesus hart, denn es zeigt, wie wenig ihn die Jünger verstehen. Auch Armin Kahl zeigt seine Enttäuschung. Allerdings hüpft und singt er beim letzten Refrain des Liedes wieder fröhlich mit. Nein, das funktioniert für mich überhaupt nicht, braucht doch das folgende “Poor Jerusalem” diesen hohen grad von Verzweiflung, um Wirken zu können. Er singt, dass keiner versteht – und ist in der SEkunde davor noch mit seinem Gefolge umhergehopst? Never!
Maria Magdalena – Dionne Wudu
Der Auftritt von Maria Magdalena fällt ebenso in diese Kategorie. Sie singt: „Let me try to cool down your face a bit“. Dabei schwingt sie sich über Jesus Oberschenkel und lässt ihre Hände über dessen Oberkörper wandern. Ich bin nicht prüde, und mir macht das prinzipiell gar nichts aus. Aber cool down? Ich fand, sie hat ihn eher heiß gemacht. Das sind alles Kleinigkeiten, die mir aber das Gefühl für die Story bzw. die Inszenierung nehmen. Wobei: Insgesamt war es dann zumindest insofern stimmig, als das Maria angezogen war wie vom Straßenstrich. Das kann man natürlich so machen, möglicherweise war sie ja auch nix anderes. Aber mir ist die Darstellung da einfach zu aggressiv. Das ist aber sicherlich persönlicher Geschmack.
Gesanglich und auch in der Gesamtschau hat mir Dionne Wudu um Längen besser gefallen als Bettina Mönch. Sie hat eine angenehme Ausstrahlung und eine einnehmendere Wärme als die kühle Bettina Mönch. Aber was bei beiden Vorstellungen, letztes Jahr und heuer, natürlich gleich war:
Maria Magdalena wurde wenig ins Stück eingebunden. Sie hat ihre Lieder ausgezeichnet gesungen, aber sonst hatte man wenig Chance, sie überhaupt wahrzunehmen. War sie auf der Bühne, wurde sie meist übel herumgeschubst. Beim Abendmahl stand sie dabei, aber im Hintergrund. Schade. Mir stellt sich da folgende Frage: Wenn man sie schon auf der Bühne hatte, wieso hat man sie nicht an den Tisch geholt? An der langen Tafel zu Beginn des zweiten Aktes stellten die Jünger und Jesus die Szene dar, wie Leonardo da Vinci das letzte Abendmahl bildlich illustrierte. Bis heute gibt es Spekulationen, dass in Wahrheit auch Maria Magdalena darauf zu sehen sei. Das wäre mal ein Wagnis gewesen, dass auch auf der Bühne so darzustellen und würde Maria ein bisschen mehr in den Vordergrund holen. Aber es blieb ihr die Rolle als Außenseiterin, was sie historisch mit Sicherheit auch war. Eigentlich spannend, dass man das hier auch so dargestellt hat (ich habe es oft schon anders gesehen). So interpretiert ergibt sich für Maria Magdalena eine ganz runde Figurenzeichnung, und Dionne Wudu füllt diese Figur ganz hervorragend mit Leben.
Jesus – Armin Kahl
agiert souverän. Gesanglich hat er den Part total verinnerlicht, arbeitet die Höhen phänomenal heraus, gefällt in der Tiefe und schafft es zudem, feine Schattierungen der Emotionen stimmlich herauszuarbeiten. Möglicherweise waren es die Technikprobleme in der Reithalle letztes Jahr, dass ich ihn dort noch nicht so exzellent erlebt habe.
Jesus-Darsteller werden ja immer auch am Gethsemane gemessen. Auch hier: großes Kino. Den ersten Teil singt er am Abendmahls-Tisch sitzend. Verzweifelt und mit zitternden Händen stellt er sein Schicksal in Frage. Zum Mittelteil des Liedes dann betritt er den vorderen Rand der Bühne, und auch hier zeigt sich, dass Armin Kahl in der Riege der Darsteller ein cooler und auch wirklich erfahrener Typ ist: Der vordere Bühnenteil bietet immens viel Platz und als einzelner Schauspieler steht man offenbar immer unter Druck, diesen Platz auch zu nutzen. Darauf fällt John Vooijs (Judas) herein, der viel zu oft und viel zu unruhig ständig über die Bühne läuft, aber auch große Namen wie Erwin Windegger ist da ein bisschen zu viel in Aktion als es der Szene gut täte. Armin Kahl bleibt fast immer ruhig und lässt sich nicht von einer leeren großen Bühne treiben. Gethsemane als aufwühlender Selbstzweifel hat genau diese Ruhe nötig, um wirken zu können. Er hat mich wirklich begeistert (und das wiegt umso schwerer, weil ich doch Jesus-technisch eigentlich dem Einen hörig bin… 😉 ). Wenn ich wieder die Möglichkeit habe, Armin Kahl als Jesus zu sehen, werde ich nicht zögern, das auch zu tun.
Deshalb hat mich zunächst die Kreuzigung auch bitter geärgert, aber auch das fällt in die Kategorie: Wieso macht die Regie das? Sie war mir eindeutig zu kurz. Jetzt habt ihr am Gärtnerplatz schon den exzellenten Armin Kahl. Dann lasst ihn halt bitte auch machen! Und zwar in Ruhe. Das mit der Leiter war noch in Ordnung für mich (Jesus steigt selbst auf die Leiter und breitet gekreuzigt die Arme aus). Aber dann war der Spuk auch schon in einer Minute vorbei.
Das, wo sich Religionsphilosophen endlos darüber auslassen, wo es ganze Andachten gibt und epische Musikstücke, nämlich die letzten Worte Jesus am Kreuz, frühstückt die Regie hier in weniger als einer Minute ab. Dabei ließe sich hier derart viel Spannung aufbauen. Dort, wo das irdische auf das göttliche trifft, zum Beispiel die Bitte um Vergebung auf menschliche Bedürfnisse wie Durst, wo das Leid unermesslich wird und sich eben dieses Schicksal erfüllt, sich die Fragen „Woher kommen wir, was suchen wir, wohin gehen wir?“ für Jesus beantwortet scheinen, dort bräuchte es ein bisschen mehr Zeit, um die Dimension klarer werden zu lassen.
Nach längerem Nachdenken kommt mir aber die leise Idee, dass das so gewollt war: Sein Tod soll und muss erzählt werden, aber bekommt nicht mehr Raum als alles andere. Jesus hat sich am Anfang und am Ende wieder eingefügt in die Masse der Menschen. Er geht wie die anderen zwar als letztes, aber halt eben auch einfach von der Bühne. Ihm kommt dort kein besonderer Status mehr zu. Wird die religiöse Überhöhung, die Jesus durch den Kreuzestod erfährt, minimiert, bleibt von der Figur des Jesus nur ein einfacher Mensch unter vielen. He is just a man. Diese eindeutige Aussage tätigen sowohl Maria Magdalena als auch Judas. Insofern ergibt die Inszenierung hier schon ein rundes Bild. Das ist natürlich in Ordnung, aber halt nicht meines.
Deshalb fällt für mich auch John 19,41 nicht so erlösend aus wie sonst: Zu kurz war die davor aufgebaute Spannung. Aber auch, wenn ich mit dem Regisseur hier nicht einer Meinung bin, so bescheinige ich hiermit trotzdem nochmal gerne in voller Deutlichkeit: eine Glanzleistung von Armin Kahl.
Judas – John Vooijts
hatte einen stimmlich starken Beginn, ließ aber gegen Ende deutlich nach.
Obwohl er mich an einigen wenigen Stellen an den stellenweise locker-verständnislosen Serkan Kaya (Wiener Inszenierungen) erinnert, bleibt er aber selten einer klaren Figurenzeichnung treu. Das macht es schwer, ihn zu fassen. Man hat das Gefühl, als hielte er einen deutlichen inneren Abstand zu seiner Figur, so dass er Judas zwar spielte, aber sich ihn nicht zu eigen machen konnte. Schade, denn er zeigt sich gerade beim Schlussapplaus als sehr sympathischer Typ!
Ganz daneben und für mich tatsächlich ärgerlich war Jesus Christ Superstar. Die Interaktionen, in die Judas mit Jesus trat, waren extrem verhöhnend dem Titelheld gegenüber und das ist für mich wirklich am Text vorbei. Ich fand das sehr störend und unnötig. Aber auch dafür ist ja nicht John Vooijs verantwortlich, sondern die Regie.
Pontius Pilatus – Erwin Windegger
war gesanglich eine Wucht und besitzt die für die Rolle angemessene Ausstrahlung.
Aber hier entdeckte ich für mich Unstimmigkeiten. Dieser Pilatus war relativ gehetzt angelegt. Dazu trägt er eine Uniform, die ihm den Status einen hohen militärischen Ranges bescheinigen. Als ein solcher hätte er aber nie und nimmer ein so hektisches Auftreten. Als er Jesus in die Augen sieht und dann für sich feststellt, dass dieser Gefangene wohl unzurechnungsfähig ist, fällt er von Panik und Hektik sogar rückwärts um. Übertrieben. Allerdings überlege ich, ob das an dieser Stelle nicht einfach ganz profan schon Pilatus als „Umfaller“ installieren soll. Als der, der gehetzt vom Volk gegen seine Überzeugung handelt. Jaja, kann man auch machen, aber das wirkt für mich dann eher platt. Rein vom Gesang her kann man aber Herrn Windegger nichts ankreiden.
Priester, Annas, Kaiphas
Ein ganz großes Highlight waren die Priester. Alle ausnahmslos prächtig. Sowohl die drei namenlosen Priester: Dirk Lüdemann, Martin Hausberg, Frank Berg. Toll einzeln, aber auch zusammen. Und glänzend: Annas – Juan Carlos Falcon.
Hinterhältig und stimmlich genial hab ich hier endlich wieder mal erlebt, wie sehr Annas die Strippen zieht (setzt sich als heimlicher Chef auch mal kurzzeitig in den Chefsessel!). Kaiphas – Levente Pall – mit einem so klaren und tiefen Bass. Ich kenne so viele Inszenierungen, in denen der Kaiphas-Part deutlich höher gesungen wird. Welche Wohltat, wieder diese extremen Tiefen zu hören. Es klang, als kämen sie direkt aus der Hölle. Optisch an den jungen Mario Adorf erinnernd, strahlte ein eine lässige Selbstverständlichkeit aus und freute sich diebisch, als der Beschluss, Jesus zu töten, gefällt wurde.
Stehender Applaus von mir für die Priester!
Herodes
Die Herodes-Szene – immer schwierig zu inszenieren – wurde hier sehr gut gelöst. Die Idee, dass Herodes – Previn Moore – auf dem Wägelchen hereingefahren wurde, war köstlich. Er hat eine unglaubliche Stimme, weswegen ihm die musikalische Leitung wohl auch erlaubt hat, sein Solo zu Beginn sehr frei zu interpretieren. Auch das ist Geschmacksache. Es war hart an der Grenze, aber gerade noch in Ordnung. Super gesungen, keine Frage. Aber zu weit vom Original abweichen find ich immer schwierig. Den Song selbst singt er unnachahmlich und gibt Herodes relativ scharf. Insgesamt ist die Szene gut gelungen.
Was mich aber auch da am – wie des öfteren im Stück – gestört hat: die vielen vielen Menschen. Die Bühne war so gut wie immer voll. Das irritiert, denn das Auge wandert und wandert und findet doch selten einen Punkt, wo es sich einhaken kann. Das nimmt dem Stück vieles an Ruhe, der eigentliche Ausdruck, die Aussage kann sich nur schwer entfalten. In Wien lässt die Bühne schlicht nicht so viel Raum, weshalb dort deutlich weniger Sängerinnen und Sänger teilnehmen. Und im direkten Vergleich ist mir das unendlich viel lieber.
Choreographie
Die Tänzerinnen und Tänzer machten ihre Sache sehr gut. An manchen Stellen wirkte das ganze etwas sehr gewollt. Viele Hebefiguren zeugten aber vielleicht auch von der Selbstüberschätzung der Menge?! Auf alle Fälle waren das sehr viele talentierte junge Leute am Werk, die ihre Arbeit auch augenscheinlich sehr gerne ausführten!
Abschließendes Fazit
Trotz mehrerer Kleinigkeiten, die ich angeprangert haben, hatte die Aufführung ein sehr hohes Niveau. Zu meckern gibts bei so vielschichtigen, intensiven Stücken immer was. Die Regie hatte einfach eine andere Intention als ich, aber das Stück war aber über weite Strecken in sich stimmig. Ich habe die Vorstellung sehr genossen, und hätte ich sie nur als Musikaufnahme gehört, wäre sie unter die Top 3 aller jemals gehörten JCS-Aufnahmen gekommen. Das gesangliche Niveau war hervorragend. Ja, ich habe sicher John Vooijs kritisiert, aber insgesamt hat er seine Sache schon auch gut gemacht. In einer großartigen Cast fiel er ein bisschen ab.
Einzig die Regie hat mich hin und wieder Rätseln lassen. Aber dafür ist Theater ja da. Es soll nicht nur unterhalten, sondern herausfordern und zum Nachdenken anregen. Und darüber nachgedacht habe ich zweifelsohne eine Menge. Deshalb: Mission erfüllt!
Schreibe einen Kommentar