The boys are back!

Das Festspielhaus Neuschwanstein in Füssen war wieder einmal Schauplatz eines außergewöhnlichen Konzertformats, denn die ultimative Boyband war zurückgekehrt!
Jan Ammann, Armin Kahl, Peter Stassen und Filippo Strocchi, 4 Granaten des Musicals, die zusammen mit dem Publikum eine krasse 90er Party feiern, innerhalb derer sie die Zeit der Boybands wieder aufleben zulassen und nebenher noch allerlei Erwünschtes, aber auch Seltenes, durchweg aber Wunderschönes aus ihrem Repertoire zum Besten geben.
Der Softe, der Emotionale, der Organisator und der good-looking Bad Boy sind alle wieder da (siehe auch den Artikel vom letzten Jahr über die Zusammensetzung von Boybands) und mit ihnen die Hommage an diese Zeit genauso wie die Veräppelung dieses eigentlich doch relativ simplen Geschäftsmodells Boygroup. Garniert mit einem erwartungsfrohen Publikum, geht auch dieser Abend als Meilenstein in die Geschichte des neu geschaffenen Genres „Musical-Party-Abend“ in die Geschichte ein.
Wer schon einmal ein Boyband-Special besucht hat, wird feststellen, dass Gott-sei-Dank das meist gleich geblieben ist. So auch das Intro der vier Superhelden, dem nach mehreren Anläufen Technikproblemen frenetisch Applaus gespendet wurde.
Dieser erste Intro-Superhelden-Block bestand – wie schon im letzten Jahr – aus drei Backstreet-Boys-Klassikern Bayckstreet’s Back, Larger than life, Show me the meaning of being lonely.

Die stampfenden 90er Jahre Beats gingen sofort ins Blut und verursachten zuckende Beine. Und eine Minute nach Beginn war man schon mittendrin. Es wurde das ganze Boyband-Register samt bekannter Refrain-Choreografie gezogen und die Stimmung war sofort oben.

Schöne am Boyband-Special ist ja, dass du als Zuschauer alles kriegst. Denn zusätzlich zu vier gutaussehenden, perfekt als Boygroup zusammengecasteten Profis bekommst man auch vier Kumpels, die sichtbar Spaß an dem Format haben. Die performen sowohl bekanntes aus dem letzten Jahr, sind aber auch für Überraschungen gut. Es gibt Uptempo-Nummern und langsame Songs, es gibt Musicalevergreens und selten gesungene Melodien. Soli wechseln ab mit Duetten oder vierstimmigen Gesang, da ist abgemischter Popsong-Style vertreten wie auch a-Capella Nummern. Man bekommt geprobte Choreographie geboten genauso wie ungeprobte Zwischendialoge. Kurzum: dieses BoybandSpecial ist die eierlegende Wollmilchsau unter den Konzerten, das den Bogen wirklich weit aufspannt, und sich jeder wiederfindet in einem Reigen von ernsthafter Kunst bis zu entspanntem Blödsinn.
Der erste Block also hatte schon zwei rhythmische Kracher im Gepäck, wechselte dann gekonnt zu einem Boyband-Herzschmerz-Song. Dieses Show me the meaning haut dich insofern von den Socken, als das die Art des Vortrags weit entfernt von jedem Boygroup-Song ist.Diese harmonischen Klänge, die das Quartett da erzeugt, mit so viel Gefühl und so ruhig und atmosphärisch vorgetragen, da entsteht Gänsehaut-Feeling. Und diese Harmonie, die einfach passt, die die Klänge einfach perfekt ineinander webt, die spürt man im Verlauf des Abends auf allen Ebenen.
War das Intro durch Technikeinspieler, der zunächst nicht funktionierte und für ausufernde Heiterkeit beim Publikum sorgte, wohlvorbereitet, folgte jetzt ein Teil dessen, was einen die Herrschaften so richtig nahe bringt, fast so, als würde man in die Künstlergarderoben schauen: Bei den Übergängen der Lieder, den Auf- und Abgängen der Einzelnen wurde erzählt, gewitzelt, geneckt, alles so an einem losen roten Faden entlang und doch immer ein bisschen improvisiert. Das gibt einem das Gefühl, wirklich eingeladen worden zu sein. Denn dieses Konzertformat funktioniert tatsächlich nur mit dem Publikum. Und dann sitzt du im Theatersaal, das 1350 Leute fassen kann und es fühlt sich an wie ein Wohnzimmerkonzert.

Ich werde den weiteren Verlauf des Konzert in der Hauptsache bildlich wiedergeben, unterstützt nur von wenigen erklärenden Zeilen und um dann und wann Herausragendes in einem herausragenden Konzert extra zu erwähnen.
Nach dem Intro gaben sich die vier abwechselnd die Ehre: Peter Stassen beginnt mit einem wunderschönen I’ll be there for you von The Rembrandts. Passend zum 90er Jahre Thema ausgesucht, denn der Song ist Intro für die erfolgreichste Sitcom, eben jener persiflierten 90er Jahre, nämlich Friends. Allerdings serviert Stassen das Lied in einer wesentlich langsameren Version wesentlich intimer. Peter Stassen baut so eine ganz andere als eben jene bekannte Atmosphäre. Wunderschön und tief hinein ins Gefühl getroffen!
Dann gibts einen schnellen Atmosphären-Wechsel und Filippo performt Let me entertain you von Robbie Williams, energetisch und rockig.


In Anlehnung an die im letzten Jahr erschienen Filmbiographie Better me – die Robbie Williams Story, in der der Hauptdarsteller als mit Motion Capture generierten Schimpansen auftritt, trägt Filippo ebenso eine Affenmaske.
Gleich danach ebenfalls eine Hommage an einen sehr erfolgreichen Film der letzten Zeit: Jan Ammann singt „I’m just Ken“ aus Barbie.


Trotz der Tatsache, dass Jan, wie er nachher selber erzählt, maximal verwirrt war, weil er nicht sein eigenes, sondern Peter Stassens Mikro in Händen hielt, glitzert dieser Song genau so wie Jans pinkes Sakko.
Armin Kahl, die Chef-Drag-Queen aus dem Gärtnerplatztheater (er hat dort die letzten Jahre sowohl in Priscilla – Königin der Wüste, als auch in Tootsie, Heels und Frauenklamotten getragen und tut es momentan als Zaza in Ein Käfig voller Narren wieder) singt danach True Colors. Eigentlich von Cindy Lauper ist dieser Song ebenfalls im Musical Priscilla beheimatet und auch – wie vorher bei dem Friends-Song – ist es erstaunlich, wie anders so ein Lied klingen kann. Das ist viel intimer, das kreiert eine stimmungsvolle Atmosphäre, man spürt die zärtliche Zugewandheit, die in dem Stück ausgedrückt wird, ganz anders. Und das, obwohl da nur ein Mann auf der weiten Bühne sitzt und singt.

Dann folgt der – in meinen Augen – Höhepunkt des Abends: Filippo und Jan: Nothing else matters von Metallica.

Erstens mag ich dieses Lied einfach und die Akustik-Version ist sowie was besonderes. Und hier sitzen zwei Männer mit Stimmen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, singen miteinander ein Lied und es harmoniert perfekt. Wie sich das zu einer Einheit formt, einfach phänomenal! Jan Ammann bringt eine wahnsinnige Fülle in der Tiefe, Filippo Strocchi ganz anders, eher energetisch nach oben, von der Farbe her nicht so samtig, sondern viel rockiger. Und dann zusammen: ein wahrer Traum, ein wirklicher Gänsehaut-Moment.
Spaß gibts danach mit Armin Kahl und Peter Stassen als Pärchen in einem ehrenwerten Haus mit viel Situationskomik.

Aus einem meiner liebsten Musicals – Rudolph-Affäre Mayerling – singt dann Jan Ammann: Wie jeder andre Mann. Kenner wissen: der Hochadel steht Jan Ammann einfach gut, die Bürde des Herrschens auf den Schultern, trotzdem Haltung bewahrend. Dieser Zwiespalt zwischen Müssen und Wollen, das Zweifeln, das hat sich Jan Ammann angeeignet wie eine zweite Haut.

Ebenfalls eher selten gehört: Armin Kahl aus Aida: Wer viel wagt, der gewinnt.

Schließlich gibt es wieder Gruppensongs und Spaß zu viert: wie im letzten Jahr kommen die vier auf Segways herein und: Peter Stassen diesmal ohne Helm, er hat brav wohl geübt 😉

Das Auto musste dieses Jahr leider draußen bleiben. Das Konzert fiel nämlich in die gerade laufende Spielzeit der Päpstin, die für die Boys einen Tag pausierte. Und der für jene Inszenierung verlegte Tanzboden machte den Auftritt des Oldtimers leider nicht möglich. Wie auch immer, das tat der Stimmung keinen Abbruch und die Jungs schickten das aufgeheizte Publikum in die Erholungspause mit Bye bye bye von N’Sync in die Pause.
Nach der Pause dann der vermeintliche Höhepunkt der ganzen Show, weil tatsächlich eine große Überraschung: Neben dem Besuch der Backstreet Boys zu Beginn gaben sich die Spice Girls die Ehre:

Dieser große Spaß ist perfekt vorbereitet, gecastet und umgesetzt: Peter Stassen gibt Baby Spice Emma Bunton mit blonden Pferdeschwänzen, Armin Kahl im schwarzen Jumpsuit und Bob-Frisiur als Victoria Beckham stöckelt schick und selbstbewusst über die Bühne. Wahnsinn, wie genau Jan Ammann als Sporty Spice Mel C im 90er Jahre Trainingsdress deren Fußballer-Gang imitieren kann! Und schließlich Filippo Strocchi als Geri Halliwell im England-Hängerchen mit den berühmten roten Stiefeln.


Diese Fortführung der Boyband-Idee ist total logisch, aber auch doch wieder so weit hergeholt, dass es einfach perfekt ist für diesen Abend. Nach Wannabe gab es dann noch Demi Lovatos Confident, das momentan im Jukebox-Musical &Juliet Verwendung findet.
In einem wirklich wunderbaren Vorgriff auf seine Rolle am Gärtnerplatzthater in La Cage aux Folles (das Konzert fand vor der Premiere statt) als Zasa stimmte Armin Kahl den Gloria-Gaynor-Hit I am what I am an.

Wisst ihr, Armin Kahl ist einfach ein Meister seines Faches. Der hat so ein Standing auf der Bühne. Der packt dich schon mit dem ersten Ton, weil es so ehrlich ist, so intensiv. Fast denkt man, dieses Anfang ist doch zu langsam. Aber nein, das ist es nicht. Er zelebriert das. Er gibt dem Songs Zeit, zu wirken, lässt jede Textzeile einzeln da stehen wie ein Mahnmal. Und das wächst sich dann aus zu einem selbstbewussten Statement. Die Art, wie er diesen Song entwickelt, macht den Song noch viel wuchtiger als er sowieso schon ist.


Beeindruckend, wie er diese Roller so rausgreifen kann, wie er sie losgelöst aus dem eigentlichen Setting des Stücks so atmospärisch dicht auf die Bühne bringt und für diese wenigen Minuten so in dieser Rolle ist. Da ist keine Distanz mehr zum Lied und zum Text, da ist Armin Kahl nicht ein Vortragender, sondern da steht mitten im 90er Jahre Special diese Zasa und fühlt diesen Song. Mann, freu ich mich auf Ein Käfig voller Narren!
Dann gab wieder Quartett, diesmal mit Filippo Strocchi an der Gitarre: Wonderwall von Oasis und – weil das vom Publikum seit dem letzten Mal wohl immer mal wieder gewünscht wurde – Free Falling von Tom Petty und natürlich wieder die Backstreet Boys mit As long as you love me.





Jan Amman bei Gott, warum? aus Rebecca

Und Filippo zeigte, wie begnadet er sich bewegen kann und gab wie im letzten Jahr den Toni Manero aus Stayin alive mit gleichlautendem Song von den Bee Gees.


Bei Wie kann es möglich sein aus Mozart macht’s Armin Kahl wieder genauso wie bei den anderen Songs: Er nimmt die Bühne ein, lässt sich kompromisslos kopfüber in die Atmosphäre des Songs fallen und reißt das Publikum einfach mit.

Tja und dann flippte das Publikum quasi aus, als Jan Ammann als Graf Krolock die Bühne betrat (was bei den meisten Fans ja sowieso allein schon Blutdruckspitzen auslöst) und sich Filippo als Sarah in Totale Finsternis beißen lassen wollte. Frenetischer Jubel und Lachtränen waren da obligatorisch und dann vergaß Filippo noch seinen Text und sang selbsterdachtes.


Ein relativ harter Schnitt dreht eine Kurve Richtung Finale: Peter Stassen interpretiert eindringlich Die Krähe aus Das Wunder von Bern, bevor wieder Boygroup-Feeling einsetzte: In einem wunderbaren vierstimmigen Satz erklang Beggin‘ von Frankie Valli & the Four Seasons, sowie Back for Good von Take That.

Das Finale bestreitet unsere 4-Mann-Combo wie gewohnt als Band mit Gitarre, Bassgitarre, Schlagzeug und dem charismatischen Leadsänger, der sich -nach Mark Ronsons Uptown Funk, wie vom Publikum erwartet und möglicherweise seinem Selbstverständnis gleich, am Ende seines T-Shirts entledigte.





Mit Zitti e Buoni von Maneskin ging ein wunderbarer Partyabend zu Ende. Ich persönlich bin wirklich ein großer Fan dieser Konzertreihe. Umso schöner für mich, dass Peter Stassen das nächste Konzert terminlich schon auf die Beine gestellt hat. Sonntag, 22.2.2026 im Festspielhaus. Ich hab meine Karten schon hier liegen, die vier Freundinnen auch.
Ich kann es euch nur wärmstens empfehlen. Das macht so viel Spaß. Das Publikum dieses Jahr war zwar ein wenig verhaltener als letztes Jahr und die Technik im Festspielhaus ist öfter mal nicht ganz optimal, aber insgesamt ist das Konzert für mich ein gesetztes Highlight meines Musicalkalenders.
Wir sehen uns am 22. Februar 2026 im Festspielhaus Neuschwanstein!
Alle Fotos: Dr. Joachim Schlosser Fotografie exklusiv für Die Frau schaut hin, mit Dank ans Festspielhaus!
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